Tennisclub „mit Steppdecke" feiert Geburtstag
25 Jahre TC
Oestrich-Winkel / Großes Lob für Jugendarbeit
„Sport stärkt Arme,
Rumpf und Beine und vertreibt die öde Zeit, und er schützt, durch die
Vereine, vor der Einsamkeit." Petra Müller-Klepper, Landtagsabgeordnete,
und Burkhard Albers, Landrat, hatten - obwohl sonst in vielen Dingen
unterschiedlicher Meinung – beide dieses Zitat von Joachim Ringelnatz
gewählt, um dem Tennisclub Oestrich-Winkel zu seinem 25. Geburtstag zu
gratulieren. Auch ein Zeichen, dass beim Sport politische und
weltanschauliche Differenzen eher in den Hintergrund und menschliche
Gemeinsamkeiten hervortreten - im Falle des Sports sind es Spaß, Freude an
der Bewegung und
Geselligkeit. Zur akademischen Geburtstagsfeier des TC Oestrich-Winkel
hatte sich am Freitag in der Brentanoscheune so ziemlich alles
eingefunden, was im politischen, sportlichen und gesellschaftlichen Leben
in der Stadt und der Region Rang und Namen
hat;
dazu natürlich die aktiven Tennisfreunde, auch von anderen Vereinen, und
besonders die Gründungsmitglieder. Es gab die obligaten Grußreden zu
hören, neben Petra
Müller-Klepper und Burkhard Albers sprachen der Vorsitzende des TC
Oestrich-Winkel, Ernst Heide, Bürgermeister Paul Weimann, Ex-Landrat Klaus
Frietsch als Schirmherr des Abends, Jürgen Gerndt in seiner Eigenschaft
als Vorsitzender des Tennis-Kreises Rheingau-Taunus und der
Sportkreis-Vorsitzende Richard Hiltmann. Alle waren sich darüber einig,
daß der beliebte Tennisclub in folgender Hinsicht besonders zu loben ist:
Für seinen Beitrag dazu, daß sich Tennis in den vergangenen Jahrzehnten
vom elitären und teuren Luxus-Zeitvertreib zum volksnahen Breitensport
gemausert hat, für seine hervorragende Jugendarbeit, für den unermüdlichen
Einsatz nicht nur des Vorstands, sondern auch der vielen mit anpackenden
Mitglieder, für seine schönen und gepflegten Anlagen und für die
Bewirtschaftung des Clubhauses, die nach den Worten von Klaus Frietsch
beispielhaft für die ganze Region ist. Aus anfänglich 175 Mitgliedern
wurden in den Jahren über 400, davon rund 100 Kinder und Jugendliche, der
Tennisclub engagiert sich darüber hinaus für die Stadtjugendpflege und
organisiert Tenniscamps für seine jüngsten Mitglieder, bietet
Schnupperkurse für die Grundschulkinder in Winkel und Johannisberg und hat
so jüngst etwa 35 hoffnungsvolle neue „Borisse" und „Steffis" gewonnen.
Während viele Tennisvereine während des „Becker-Booms" in den 80er Jahren
als Pilze aus dem Boden schössen und wieder verschwanden, erwies sich der
TC Oestrich-Winkel als beständig, Lob ging bei der akademischen Feier auch
an die Gründungsmitglieder und die Vorstände, die über die Jahre hinweg
einen gelungenen Mix aus Sport und gesellschaftlichen Aktivitäten geboten
haben und den Tennisclub zu einem „nicht wegzudenkenden Bestandteil" des
öffentlichen Lebens gemacht haben.
Seit
zwölf Jahren führt Ernst Heide den Verein, nach Frietschs Worten „mit
Ruhe, Gelassenheit und Zielstrebigkeit". Begonnen hat das Tennis-Abenteuer
in Oestrich Winkel genau am 14. April 1977 um 17 Uhr, als der Bürger Paul
Derstroff zu einem Gesprächstermin mit dem Bürgermeister in das Winkeler
Rathaus gekommen sei - er wisse das so genau, weil er selbst dieser
Bürgermeister gewesen sei, schmunzelte Frietsch. Derstroff habe den Wunsch
einiger Bürger nach einem Tennisclub für den Ort vorgebracht und den
Vorschlag von Frietsch, sich doch mit dem TC Hallgarten zusammenzutun, gar
nicht lustig gefunden. Im Januar 1980 beschlossen einige Spieler, eine
Herrenmannschaft für die Medenrunde zu melden. Mit dem Sieg in der
Relegationsrunde schaffte man den Aufstieg und die unaufhaltsame
Erfolgsgeschichte des - damals noch gar nicht gegründeten, sondern in die
TG Winkel eingebundenen – Tennisclubs begann. Im März 1981 entschied sich
die Turngemeinde, die Tennisabteilung loszulösen, weil diese immer größer
wurde, am 28. April fand die Gründungsversammlung des TC Oestrich-Winkel
statt, Werner Hartmann wurde zum Ersten Vorsitzenden gewählt. Bereits im
Februar 1982 wurde der vierte Tennisplatz fertig gestellt und ein Clubhaus
geplant. Im Frühjahr 1984 war bereits Platz Nummer fünf im Bau, dazu eine
Ballwand, und das Clubhaus feierte seine Einweihung. Der 11. Januar 1986
ist die Geburtsstunde der „Nachtturniere", in den folgenden Jahren bewies
der TC Oestrich-Winkel mit seinen originellen Sommernachtsfesten,
Fahrradtouren, Wanderungen und Ausflügen, daß er nicht nur das sportliche
Handwerk, sondern auch die Organisation von geselligen Ereignissen bestens
beherrscht. Auch an der 1150-Jahr-Feier der Stadt Oestrich-Winkel im Jahr
2000 beteiligte sich der Tennisclub, sowie an den jährlichen
Fastnachtsumzügen. 1992 wurde Josef Pelster zum neuen Ersten Vorsitzenden
gewählt, 1995 übernahm der heute noch amtierende Ernst Heide dieses Amt.
1998 entstand ein siebter Tennisplatz und ein „Ufo" landet in
Oestrich-Winkel – nach ausführlichen Überlegungen hatte man sich für ein
einzigartiges Projekt in der Rheingauer Tennislandschaft entschieden und
eine Zwei-Felder-Traglufthalle errichtet. Von der Straße nach Johannisberg
sieht es tatsächlich so aus, als läge da ein glitzerndes Raumschiff vor
Anker, vom Volksmund wird es auch liebevoll „Steppdecke" genannt - jetzt
kann man auch im kältesten Winter auf zwei der im Sommer genutzten Plätzen
Tennis spielen.
Was wäre eine Jubiläumsfeier ohne Ehrungen? Ernst Heide verlas eine schier
endlose Liste von Gründungsmitgliedern, ein großes Stühlerücken begann und
rund die Hälfte der Saalinsassen erhielt auf der Bühne von Heide und Klaus
Frietsch je eine Flasche vom Jubiläumswein, und, zu den Klängen von „Pack
die Badehose ein" flauschige Badetuch mit dem Emblem des Tennisclubs.
Etliche
Weingüter, deren Besitzer selbst Mitglied im Tennisclub oder ihm
freundschaftlich verbunden sind, hatten zur akademischen Jubiläumsfeier
erlesene Weine gestiftet. Nach dem offiziellen Teil gab es in der
Brentanoscheune in lockerer Atmosphäre eine Weinprobe, moderiert von Paul
Derstroff und der Winkeler Weinkönigin Daniela. Für eine musikalische
Zeitreise sorgte Friede! Anschau. Vorher gab es noch eine andere
Zeitreise: Jürgen Gerndt, Vorsitzender vom TK 62, hatte aus der Not, daß
er einer der letzten Redner war, eine Tugend gemacht; statt die Worte
seiner Vorgänger zu wiederholen, präsentierte er einen selbst
recherchierten Blick auf Tennis in der Menschheitsgeschichte: Haben schon
die alten Ägypter das Packet geschwungen? Es ist zu vermuten, daß die
Araber eine Art Tennisspiel nach Spanien brachten, wo es die Briten
aufgriffen und mit der „Mayflower" nach Amerika exportierten. Auch
mittelalterliche Mönche sollen nach den Gebeten in ihren Kreuzgängen
Tennis gespielt haben, und die Tatsache, daß dieses Spiel immer mit
Geldgewinnen verbunden war, könnte zu der merkwürdigen Bezeichnung „Love"
für „keinen Punkt" geführt haben - eben nicht für Geld, sondern nur aus
Liebe gespielt.
Aus Liebe zum Sport und zur Geselligkeit spielen die Tennisfreunde vom TC
Oestrich-Winkel allemal, und bei der Jubiläumsfeier am Freitag regnete es
viele gute Wünsche für die Zukunft des Vereins. Am 25. Juli steigt das
große Sommerfest zum Jubiläum im Park von Schloss Vollrads, mit dem großen
„Vollradser Büffet" sowie Musik und Show mit den „Schweinfurtern".
Bericht des "Rheingau-Echo" vom 04.05.2006
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